Storytelling: Geschichten erzählen statt Fachjargon pflegen

Angela von Lerber
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Was die Unternehmenskommunikation von der Pantomime lernen kann (Storytelling)

Eine lockere Folge von Gesprächen mit dem Pantomimen Carlos Martínez(1)

Text: Angela von Lerber

Storytelling mit Carlos Martínez

Carlos Martínez

Immer wieder neu bin ich fasziniert von der Fähigkeit des Mimen, in absoluter Stille, ganz ohne Requisiten anderthalb Stunden lang sein Publikum in Bann zu ziehen. Seine Fabulierkunst scheint aus einer fernen Welt zu stammen, in der die Zeit noch keine Rolle spielte, dafür umso mehr die Fantasie. Ich habe ein ausführliches Gespräch über seine Kunst mit Carlos Martínez geführt, dessen Inhalte ich häppchenweise in diesem Blog zugänglich machen will. Heute geht es um die Frage, inwiefern die Pantomime sich von der Gebärdensprache, wie Gehörlose sie untereinander pflegen, unterscheidet:

Pantomime versus Gebärdensprache

Carlos Martínez:
«Gebärdensprache und Pantomime sind zwei völlig unterschiedliche Kommunikationsformen. Wenn gehörlose Studenten zu mir kommen, um bei mir Pantomime zu lernen, muss ich sie erst einmal „umschulen“.

Als Mime spiele ich ja für ein hörendes Publikum. Meine Stille ist gemacht für Menschen, die hören. Die Gebärden der Gehörlosen jedoch sind eine voll ausgebildete Sprache für Menschen, die nicht hören können. Wenn Gehörlose in ihrer Sprache kommunizieren, dann verstehen wir, die wir ihre Sprache nicht beherrschen, buchstäblich kein Wort. Pantomime hingegen ist keine Sprache, sondern eine besondere Art, Geschichten zu erzählen. Der Pantomime übersetzt nicht einfach Sprache in Gesten. Zum Beispiel gibt es kein Wort für „aber“ auf pantomimisch. Es existiert kein Pantomimen-Lexikon. Ich wäre auch niemals in der Lage, einen ganzen Tag lang pantomimisch zu kommunizieren. Das wäre viel zu anstrengend – sowohl für mich, wie für meine Kommunikationspartner. Pantomime ist keine Sprache, sondern eine Kunstform.

In meinem Fall ist Pantomime eine Kunst, die ich auf die Bühne bringe, um Geschichten zu erzählen. Eine Geschichte braucht eine Dramaturgie, einen Anfang und ein Ende, einen Protagonisten und einen Handlungsstrang. Es gibt natürlich auch die Strassenpantomimen, die auf sehr eindrückliche Art ihre Technik zeigen. Sie zeigen, was sie alles können, ähnlich wie im Zirkus. Meine Art zu arbeiten ist anders. Mir geht es darum, eine Geschichte zu erzählen.»

Weg von der Insidersprache: Storytelling im Unternehmen

Manche Unternehmen kommunizieren so, als ob die ganze Welt ihren Fachjargon verstehen könnte. Doch wie bei der Gebärdensprache erschliesst sich die Fachsprache nur Insidern, die den Code beherrschen. Wer verstanden werden will, muss für seine hoch spezialisierte Fachwelt eine Sprache finden, die auch ein Laie nachvollziehen kann.

Am besten funktioniert dies, indem man Geschichten aus dem Unternehmen erzählt. Wie bei der Pantomime geht es auch bei einem Unternehmen nicht einzig darum, zu zeigen, welche Techniken man perfekt beherrscht. Das langweilt den Laien. Ein Unternehmen steckt voller spannender Geschichten. Sie auszugraben und zum Leuchten zu bringen – darum geht es in der Unternehmenskommunikation. Ein paar Anregungenen dazu:

  • Welche unbekannten Berufe sind in Ihrem Unternehmen vertreten?
  • Welche interessanten Aufgaben müssen Ihre Mitarbeitenden lösen?
  • Welche Missgeschicke haben sich schliesslich doch noch zum Guten gewendet?
  • Wie war das damals, als Sie noch mit den alten Maschinen produzierten – was hat sich seither geändert?
  • Welcher Kunde setzt Ihr Produkt auf unorthodoxe Weise ein und ist damit erfolgreich?

Wer wirklich verstanden und gehört werden will, sollte nachvollziehbare, spannende und authentische Geschichten erzählen.

Anschauungsbeispiel des Pantomimen

So erklärt Carlos Martínez seinem Publikum das Recht auf Privacy: