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Weihnachtsgedanken 2016

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Angela von Lerber ist das Gesicht hinter phil-rouge: Sie konzipiert, schreibt und kreiert Content für On- und Offline-Publikationen.
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23.12.2016, von Angela von Lerber

 

Wie schwer tun wir uns doch manchmal, loszulassen. – Daran musste ich denken, als ich diesen Herbst in Kunmings Strassen eine faszinierende Szene beobachtete: Ein Strassen-Kalligraf tauchte seinen riesigen Pinsel in einen Kübel Wasser und malte kunstvolle Schriftschriftzeichen auf den Asphalt.

Kalligrafie und Lebenskunst

Strassen-Kalligraf in Kunming

Umringt von Schaulustigen war er ganz bei der Sache. Nachdem er sein Werk vollendet hatte, stand er lange da und beobachtete, wie die Schrift auf dem Boden Strich um Strich verdunstete und sich in nichts auflöste. Als das letzte Fleckchen Nass entschwunden war, trat er einen Schritt zurück und reichte seinen Pinsel an den nächsten in der Zuschauerrunde weiter.

Ich wünsche uns allen ein befreiendes Abschiednehmen von allem Erlebten, Erreichten und vielleicht auch Erlittenen im vergangenen Jahr. Und eine positive Erwartungshaltung an das, was kommen mag. Auf weitere gute Zusammenarbeit im 2017!

Der Kalligraf: magischer Poet der Vergänglichkeit

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Begegnung mit einem Kalligrafen der besonderen Art

25.11.2016, von Angela von Lerber

Strassen-Kalligraf

Schriftzeichen aus Wasser

Auf einer Spaziermeile in Kunming steht der Kalligraf plötzlich auf dem Gehsteig: ein Mann mit Strohhut, der einen überdimensionierten Kalligrafie-Pinsel in seinen mitgebrachten Wasserkübel taucht. Bedächtig lässt er ihn abtropfen, taucht ihn mehrmals wieder ein, um endlich damit zu beginnen, kunstvoll chinesische Schriftzeichen auf den Asphalt zu malen.

Ein Stück Poesie – nur für den Augenblick

Strassen-Kalligraf

Kalligraf der Vergänglichkeit

Die Passanten stehen im Halbkreis. Jeder Strich wird begutachtet und kommentiert. Was der Kalligraf wohl schreiben mag? – Sind es eigene Texte? – Sind es traditionelle Gedichte aus der chinesischen Literatur? – Oder sind es bekannte Zeilen des Konfuzius?

Wie auch immer: Mit ruhiger Hand und schwungvollem Strich malt der Mann  perfekte Schriftzeichen auf den Boden. Die Zuschauer, die etwas davon zu verstehen scheinen, nicken anerkennend.

Lange betrachtet der Kalligraf sein fertiges Werk. Bis allmählich die ersten Zeichen zu verdunsten beginnen, zunächst unlesbar werden, um sich schliesslich ganz in Luft aufzulösen. – Worin lag nur der Sinn des verschwundenen Textes und des vergeblichen Schaffens des Kalligrafen?

Der magische Moment des Verschwindens

Der Kalligraf schrieb seine Zeilen nicht für die Ewigkeit. Nur wenige Minuten blieb sein Werk bestehen. Was zählte, war der Augenblick. Die Hingabe und die Konzentration beim Malen, der Moment der Vollendung. – Doch beim Verschwinden lag in der Luft ein magischer Reiz. Lange standen die Menschen und schauten. Bis das letzte Fleckchen Nass entschwunden war.

Dass manches vergänglich ist, sollten wir vielleicht etwas weniger tragisch nehmen. Es ist auch tröstlich. Und vielleicht liegt das ja Geheimnis darin, dass wir die Dinge ziehen lassen.